In diesem Bereich der Hannoverschen
Straße reihten sich früher Fackwerkhäuser und zum Teil große Bauernhöfe
aneinander, ergänzt durch ein großes Gasthaus. Ein Teil dieser Gebäude wurde am
3. Oktober 1943 durch einen Bombenangriff zerstört. Auf die in dem Plan rechts
unten mit 1 bis 4 markierten Gebäude wird näher eingegangen.
Häuser Hannoversche Straße 98 und 100
Die beiden Fachwerkgebäude (im Plan Nr. 1) sind Kulturdenkmäler aufgrund ihrer geschichtlichen Bedeutung als kleinmaßstäbliche Handwerker- oder Tagelöhnerhäuser mit Nebenerwerbslandwirtschaft. Als Sandershausen noch sehr bäuerlich geprägt war, spiegelten solche Häuser einen wesentlichen Teil der historischen Bebauung wider. Die beiden leicht zurückversetzt liegenden Fachwerkwohnhäuser stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Das giebelseitig an die Theodor-Heuss-Straße grenzende Gebäude wurde in zweigeschossiger Rähmbauweise mit traufseitigem Zwerchhaus auf einem Sandsteinsockel errichtet. Das einfach verriegelte Fachwerkgefüge mit Langstreben an den Eckständern und am Zwerchhaus lässt das ursprüngliche Format der Fensteröffnungen erkennen, die stellenweise verschlossen sind. Giebelseitig ist ein Zugang zum ehemaligen Stall im Sockel erhalten. Das angrenzende Fachwerkgebäude zeigt ebenfalls eine zweigeschossige Rähmbauweise mit Drempelgeschoss und traufseitigem Zwerchhaus. Das Fachwerkgefüge ist einfach verriegelt mit Langstreben an den Eckständern und am Zwerchhaus sowie Kurzstreben im Drempelgeschoss.
Die Fachwerkhäuser Hannoversche Straße 98 und 100 in den 1960er Jahren.
Damals befand sich im linken Haus noch der Friseursalon Kautz. Die beiden Häuser zählen zu den schönsten erhaltenen Fachwerkhäusern in Sandershausen.
Fotograf: unbekannt
Hannoversche Straße 85: Hof Pflüger
In der Blütezeit der Kutschen und Pferdefuhrwerke gab es auf dem Hof (im Plan Nr. 2) mehr als 20 Pferde. Neben der landwirtschaftlichen Arbeit leisteten sie Vorspanndienste. Die aus Kassel kommenden Fuhrleute unterstützte man mit zusätzlichen Pferden, um den steilen Anstieg Richtung Zollhaus zu bewältigen, und verdiente sich damit ein Zubrot. Um die vielen Pferde und das andere Vieh mit Wasser zu versorgen, reichte der Brunnen auf dem Hof wahrscheinlich nicht aus. Es soll früher ein hölzernes Rohr zur Nieste gegeben haben, um sich auch mit Wasser aus der Nieste zu versorgen. Tatsächlich stieß man bei Kanalarbeiten in der Theodor-Heuss-Straße zweimal auf solche Holzrohre.
Der Hof Pflüger, Hannoversche Straße 85, war einer der größten Bauernhöfe in Sandershausen.
Das Foto zeigt den Hof im Winter 1942/1943. Fotograf war ein belgischer Fremdarbeiter. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde vor einiger Zeit aufgegeben.
Fotograf: Herr Beukelaers
Gasthaus „Zum goldenen Stern“
Das 1943 zerstörte Gasthaus (im Plan Nr. 3) zählte mit Saal, Kegelbahn und Gartenwirtschaft lange Zeit zu den großen Gasthäusern des Dorfes. Es wurde gut besucht und für große Familienfeiern genutzt. Für die Nationalsozialisten war das Gasthaus „Stammkneipe“. Ihre Parteiversammlungen fanden regelmäßig im vorhandenen Saal statt. Sandershäuser, die diese Zeit noch erlebt haben, berichteten, dass dort während der NS-Zeit Andersdenkende gedemütigt und auch geschlagen wurden.
Das Gasthaus wurde 1943 durch einen Bombenangriff zerstört und nicht wieder aufgebaut.
Fotograf: unbekannt.
Hannoversche Straße 79: Ehemaliges Bürgermeisteramt
Dieses 1956 erbaute Bürgermeisteramt (im Plan Nr. 4) war das Letzte in der eigenständigen Gemeinde Sandershausen, es wurde aber noch bis 1980 von der Gemeinde Niestetal genutzt. Heute befinden sich in dem Haus eine Arztpraxis und zwei Wohnungen. Vor dem Bau des Bürgermeisteramts befand sich auf dem Grundstück ein altes Backhaus, das später eine gewisse Zeit als Schmiede genutzt wurde.
Das Bürgermeisteramt, Hannoversche Straße 79, im Jahr 1969.
Fotograf: Herr Heinrich Herrmann †.
Fotoeigentümer: Herr Rolf Lang
Quellen:
- Landesamt für Denkmalpflege Hessen: Kulturdenkmäler in Hessen Kreis Kassel II - Wiesbaden 2011
Richard Wittich/Erhart Schroeter: 800 Jahre Sandershausen 1167-1967 - Sandershausen 1967
- Die Sandershäuser „Urkarte“ von 1849 mit Ergänzungen zeigt die Hannoversche Str. Höhe Einmündung Th.-Heuss-Straße.
Datengrundlage: Amt für Bodenmanagement Korbach
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